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13. Oktober 2021 | Ein unbeeindrucktes Weiter so

Der Bonner Stadtdechant Wolfgang Picken zum synodalen Weg. Schriftliche Fassung seiner Podcasts | Download Dokument


Autor: Wolfgang Picken
Quelle:
https://wolfgang-picken.podigee.io

Hallo und guten Tag. Ich bin Wolfgang Picken und Stadtdechant von Bonn.

Kardinal Walter Kasper, einer der engen Berater des Papstes und inzwischen emeritierter Kurienkardinal in Rom hat sich erneut zum synodalen Weg in Deutschland geäußert. Der ehemalige Universitätsprofessor und Bischof von Rottenburg-Stuttgart gilt hierzulande und auch weltweit als einer der theologischen Vordenker der katholischen Dogmatik. Kasper ist unverdächtig, zu den primär konservativen oder gar reaktionären Kräften zu zählen. Manche behaupten, er habe lange zu den Kontrahenten Kardinal Ratzingers, des späteren Papstes Benedikt XVI. gezählt. Nun meldet sich dieser große deutsche Theologe bei einem Vortrag in Augsburg zu Wort, um in mehreren Passagen seiner Rede auf den synodalen Weg Bezug zu nehmen.

Kaspers Worte passen nicht in den deutschen Mainsteam

Seine Worte, das nimmt man sofort wahr, passen nicht in den deutschen Mainstream und dürften von den Regisseuren und Meinungsmachern des synodalen Weges als unangenehm empfunden werden. Nicht ganz unwahrscheinlich ist es, dass der bereits in der vergangenen Woche gehaltene Vortrag deshalb erst gestern öffentlich zur Kenntnis genommen wurde. Eigentlich – so möchte man meinen, wenn man die klare Analyse und die Appelle des Kardinals intensiv studiert – wäre es sinnvoll gewesen und war es vielleicht sogar intendiert, dass die Stellungnahme des römischen Kardinals von den Deutschen Bischöfen zur Kenntnis genommen wird, bevor sie in dieser Woche in Fulda zu ihrer Herbstvollversammlung zusammenkommen.

Bereits die Worte des Apostolischen Nuntius in Deutschlands, also des Botschafters des Papstes, hatten zu Beginn der Zusammenkunft aller Deutschen Bischöfe aufhorchen lassen. Erzbischof Eterovic richtete einen eindringlichen Appell an die versammelten Bischöfe, die Einheit der Kirche zu wahren und den Weisungen des Papstes zu folgen. Duktus und Inhalt seiner Rede waren ungewöhnlich für die ansonsten eher vorsichtig zurückhaltende Sprache vatikanischer Diplomatie.

Rom sorgt sich um die Einheit: Viele Ideen des synoadalen Weges brechen mit der Lehre der Kirche

 Die Einlassung des Nuntius machte deutlich, wie sorgenvoll und kritisch der Heilige Stuhl die Entwicklungen in der Deutschen Kirche verfolgt. Klar herauszuhören ist die Einschätzung, dass viele Ideen und Texte des synodalen Weges mit der Lehre der Kirche brechen und die Einheit mit der Kirche aufs Spiel setzen könnten. Jeder, der die Gepflogenheiten in der Kirche näher kennt und diese Mahnung gehört hat, musste wissen, dass die so klare Wortmeldung eines Nuntius vor dem versammelten Episkopat eines Landes nur erfolgen konnte, wenn sie von höchster Stelle im Vatikan, also vom Papst selbst in Auftrag gegeben wurde.

Umso erstaunlicher musste man es finden, wie der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Limburger Bischof Bätzing, in seiner Predigt in geradezu forschem und einheizendem Ton sich gegen die Worte des päpstlichen Botschafters in Stellung brachte und die Bischöfe mahnte, den eingeschlagenen Weg der Reformen nicht zu verlassen. "Kehrt um! Denkt neu! Das ist in der Tat mehr und anders als bloß etwas Anpassung und Fortschreibung, sagte er."

Offensichtliches Ziel: Bischöfe unter moralischen Druck setzen

 Von Hinhören und Nachdenklichkeit auf die Worte aus Rom konnte also keine Rede sein. Stattdessen war es das offensichtliche Ziel des Konferenzvorsitzenden, jeden einzelnen Bischof unter moralischen Druck zu setzen und in die Grundlinie des Reformprozesses einzuorden. Dieses Verhalten führt eine Politik fort, die jede konstruktive Diskussion, die ein vorher gestecktes Ziele gefährden könnte, versucht im Keim zu ersticken. Die andere Meinung oder die kritische Anmerkung wird als konservativ oder reaktionär gekennzeichnet und – ein Wort, dass dem Verhalten gut entspricht – platt gemacht. Wenn es sein muss, in dem man den Kritiker – was wirklich subtil ist – unter den Verdacht stellt, den Missbrauchsskandal zu leugnen und an den Ursachen sexualisierter Gewalt nichts verändern zu wollen.

Dass zuweilen recht brutal so vorgegangen wird, hat dazu geführt, dass sich Synodale ausgrenzt fühlen und deshalb mit eigenen Texten zu Wort gemeldet haben. Abstimmungen und Mehrheiten legten schon sehr früh die Richtung von Texten fest, so dass ein wirklicher theologischer Diskurs nicht stattfinden konnte. Dass das mit einem Zuhören und einem offenen Dialog, am Ende auch nicht mit Partizipation zu hat, alles Ansprüche, die der synodale Weg für sich reklamiert und die der Papst im Übrigen für den weltweiten synodalen Prozess fordert, scheint den Akteuren nicht auffallen zu wollen. Sie sind in ihrer Reformagenda gefangen.

Die Stimme des Papstes wird kraftvoll beiseitegeschoben und ignoriert

 Selbst die Stimme des Papstes wird kraftvoll beiseitegeschoben und ignoriert. Für die katholische Kirche ist das ein ungewöhnlicher Vorgang. Ein Nuntius meldet sich zu Wort und es gibt nicht einmal eine höfliche Reaktion, die erkennen lässt, dass man das Gesagte gehört hat. Doch das ist keine solitäre Beobachtung. Kardinal Kasper sagt in seinem Vortrag: „Es war wirklich ein starkes Stück, dass man in Deutschland den Brief des Papstes beiseitegelegt und einen eigenen Weg eingeschlagen hat.“ Damit nimmt der Kardinal Bezug auf die persönlichen Zeilen des Papstes an die Deutsche Kirche, mit denen er nicht nur kritische Anmerkungen an Form und Zielsetzung des synodalen Weges formuliert, sondern die Verantwortlichen ausdrücklich aufgefordert hatte, sich inhaltlich nicht allein den Reform- und Reizthemen, sondern vor allem dem Auftrag der Evangelisierung zuzuwenden.

Der ausdrückliche Wunsch des Papstes blieb aber ohne jede Wirkung. Auch der Heilige Vater musste die für ihn sicherlich schmerzliche Erfahrung machen, dass man seine Stimme totschweigt und seine Worte diskret unter den Tisch fallen lässt. Das gilt für seine persönliche Intervention zu Beginn des synodalen Weges genauso wie für die Mahnung seines Botschafters in dieser Woche. Das lässt Raum für die Befürchtung, dass die Einheit mit dem Papst nicht nur gefährdet ist, sondern im Untergrund bereits verloren gelten muss. Wie sonst soll man es bewerten, wenn sich die Deutschen Bischöfe in ihren Beratungen von Interventionen des Heiligen Vaters in Rom nicht mehr beeindrucken lassen.

Kardinal Kasper enttarnt Methodik und Zielsetzung mancher  Strategen des synodalen Weges

 Da wirkt es wie ein punktgenauer Widerspruch gegen die Argumentationslinie der Treiber des synodalen Weges, die mit der fast ideologischen These arbeiten, dass erst die vorgesehenen Reformen wieder die Grundlage für Glaubwürdigkeit und Mission schaffen würden, wenn Kardinal Kasper sagt: „Wenn ich nun höre: Wir können das Evangelium erst wieder verkünden, wenn wir uns durch Reformen glaubwürdig gemacht haben, so ist das Häresie pur, Häresie eines ekklesiologischen Pelagianismus‘, einer Werksgerechtigkeit, die meint Kirche „machen“ zu können.“

Mit diesen Worten enttarnt der Kardinal die Methodik und Zielsetzung mancher Strategen des synodalen Weges, die den Missbrauchsskandal und die Krise der Kirche dazu nutzen, um hohen Veränderungsdruck aufzubauen. Verzweiflung und Entsetzen, auch Ratlosigkeit werden genutzt, um die Grundlagen der Kirche infrage zustellen und einer Neukonstruktion von Kirche den Weg zu bahnen. In dieser Stimmung kann Argumentieren und Diskutieren nur als Störung empfunden werden. Entsprechend sieht sich jeder kritische Beitrag mit dem Vorwurf konfrontiert, bremsen und blockieren zu wollen.

Wo eine Befassung mit der anderen Meinung abgelehnt wird, hat das mit Demokratisierung und Transparenz nichts mehr zu tun

 Wo aber Alternativen als Bedrohung empfunden und wie jetzt mit dem Alternativtext „Vollmacht und Verantwortung“ geschehen, eine Befassung mit der anderen Meinung abgelehnt wird, hat das mit Demokratisierung und Transparenz nichts mehr zu tun. Würde man den kritischen Dialog suchen und respektieren, dass es auch in einer Demokratie die Konkurrenz der Meinungen ist, die dem besten Kompromiss und der guten Lösung vorausgeht, würde man den Widerspruch schätzen und nicht totschweigen oder gar stigmatisieren.

Man würde es als Herausforderung empfinden, wenn der Deutsche Vordenker der Dogmatik, Kardinal Kasper, zu dem vorgelegten Text des Forums 1 über Macht und Gewaltenteilung sagt: „Der Text versucht angesichts der Krise die Kirche mit Hilfe eines gelehrten theologischen Theoriegebäudes gewissermaßen neu zu erfinden. Darin steht viel Richtiges, aber auch viel Hypothetisches. Am Ende fragen sich viele, ob das alles noch ganz katholisch ist. Manche Aussagen weichen deutlich von Grundanliegen des II. Vatikanums ab, etwa beim sakramentalen Verständnis der Kirche und des Bischofsamtes wie der Zusammengehörigkeit von ordo und iurisdictio.“

 Das ist eine Fundamentalkritik, die aufhorchen lassen sollte und erkennen lässt, dass der vorgelegte Text auf unhaltbaren theologischen Hypothesen aufruht und deshalb die Einheit mit der Weltkirche verlässt. Diese Analyse Kasper müsste beunruhigen, wenn man am Ganzen der Kirche interessiert ist.

Die Intervention dieses Kardinals gestattet nicht mehr das Totschlagargument, es seien nur die wenigen Bremser und reaktionären Kräfte rund um den Regensburger Bischof, die ihre Kritik formulierten, um notwendige Reformen zu verhindern. Die Schützenhilfe Kaspers setzt die vorgebrachte Kritik in ein anderes Licht und die Worte des Kardinals gehen noch weiter. Sie empfehlen ausdrücklich den Alternativtext.

Auf dem Boden des Konzils weitergehen, ohne mit der Lehre der Kirche in Konflikt zu geraten

Versuchten die Theologen, die sich als Autoren des offiziellen Textes verstehen, die Verfasser des Alternativentwurfes in das reaktionäre Spektrum abzuschieben, das nur ein altes System schützen will, und ihren Reformvorschlägen das Etikett zu verpassen, es sei nur Make-up und damit Makulatur, so hebt Kardinal Kasper die solide theologische Grundlage des Textes und die Brauchbarkeit der Reformvorschläge hervor. Er sagt: Der Gegenvorschlag „Vollmacht und Verantwortung“ setzt anders an. Er stellt sich klar auf den Boden des Konzils, der uns allen gemeinsam sein sollte. Er anerkennt die offenen Fragen, die das Konzil hinterlassen hat und sucht auf dem sicheren Boden des Konzils, den Weg des Konzils weiterzugehen. Dabei kann er zeigen: Man muss gar nicht alles auf den Kopf stellen. Auf dem Boden des Konzils kann man im Geist des Konzils über das Konzil hinausgehen, ohne mit der Kirchenlehre in Konflikt zu geraten. Das ist der Weg der lebendigen Tradition, der Weg der Kirche. Er versteht die Tradition nicht als abschreckendes Bollwerk, sondern als Einladung, sich auf den Weg der Kirche zu machen und sich dabei auch von neuen Einsichten überraschen zu lassen.“ Deutlicher und anerkennender kann eine Bewertung kaum sein.

Nun fragt sich, wie wird der synodale Weg mit der theologischen Expertise eines der bedeutendsten Deutschen Theologen umgehen. Kardinal Kasper wünscht sich ein Hinhören und Aufeinander zugehen. Er sagt: „Ich kann nur hoffen, dass beide Seiten die Größe haben, aufeinander zuzugehen. Denn wenn wir wirklich einen Aufbruch wollen, brauchen wir nach synodaler Tradition am Ende eine einmütige Antwort, die nicht spaltet, sondern zusammenführt. Ausgehend von einer nicht toten, sondern lebendigen Tradition möchte ich darum im Folgenden die gegenwärtige Krise als Herausforderung zu einem gemeinsamen Aufbruch in gemeinsamer Weggemeinschaft verstehen.“

Immer mehr zeigt sich: Der synodale Weg sucht nicht den Dialog, sondern verfolgt bereits festgelegt Ziele

 Damit bringt Kardinal Kasper ins Wort, was der Wunsch derer ist, die den Alternativtext „Vollmacht und Verantwortung“ vorgelegt haben. Sie fordern eine kontroverse und faire Debatte, die aus Klugheit auch dem Wort von Einzelnen und Minderheiten Bedeutung beimisst. Das aber setzt voraus, dass die Synodalen bereit sind, hinzuhören und eigene Standpunkte zu überdenken. Doch damit ist vermutlich nicht zu rechnen, denn auch die Worte Kardinal Kaspers scheinen wirkungslos zu verklingen, wie die Mahnung des Nuntius und der Appell des Papstes.

Immer mehr zeigt sich, der synodale Weg sucht nicht den Dialog, sondern verfolgt bereits festgelegte Ziele. Er formuliert Thesen, was grundsätzlich gut ist, und bleibt in diesem Stadium stecken. Dass es die Antithese braucht, um schließlich zu einer nützlichen Synthese zu finden, scheint man aussparen zu wollen. Mit Synodalität hat das genauso wenig zu tun, wie mit einer intellektuell redlichen Auseinandersetzung. Man wird bezweifelt dürfen, ob diese Methodik den Weg in eine gute Zukunft weisen kann.

Die Zwischenüberschriften sind redaktionelle Einfügungen.


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