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01. September 2022 | Synodale Revision der katholischen Sexualmoral

Zum Grundtext des Synodalforums IV „Leben in gelingenden Beziehungen - Liebe leben in Sexualität und Partnerschaft” zur Zweiten Lesung in der IV. Synodalversammlung (8.-10.9.2022) | Download Dokument


Autor: Michael Karger
Quelle:
Erstveröffentlichung
Mit Schrecken haben die Vorstände des Synodalen Weges festgestellt, dass nur ein Fünftel der Delegierten sich mit schriftlichen Eingaben an der Bearbeitung der Beschlussvorlagen für die kommende Vollversammlung beteiligt hat. Offenbar haben selbst die handverlesenen Synodalen die Freude an der Umgestaltung der Kirche verloren. Dies ist ihnen nicht zu verdenken.

Wer etwa die Abstimmungsvorlage des Forums IV über „Sexualität und Partnerschaft” liest, wird nicht in den Jubel des Psalmisten ausbrechen: „Du hast mir die Wege des Lebens kundgetan” (Ps16). Auch hier wird Mittels des „Regietheaters des Ressentiments” (Peter Sloterdijk) alles bisher geltende unter den Generalverdacht der Missbrauchsbegünstigung gestellt. So wird über die bisherige Sexuallehre der Kirche gesagt, sie bilde „einen normativen Hintergrund, der solche Taten offensichtlich hat begünstigen können.” Dadurch wird bewusst eine Drohkulisse und ein Veränderungsdruck erzeugt. Denn nur die Annahme der hier vorgelegten „Grundlinien einer erneuerten Sexualethik” könne Ausdruck einer „glaubwürdigen Umkehr” sein.

Eine vollständige Neuformulierung der Sexuallehre

„Wesentliche Neuakzentierung” der Sexuallehre steht dabei euphemistisch für deren vollständige Neuformulierung. Nebenbei wird dann allerdings angemerkt, dass die Missbrauchsstudien „keine unmittelbaren Zusammenhänge zwischen Missbrauch (…) und katholischer Sexualmoral” belegen konnten. Wie ist dann aber der massive Vorwurf „Auch durch die Lehre zur Sexualität habe sich (…) die Kirche als Institution (…) schuldig gemacht” zu rechtfertigen? Hier werden folgende Punkte angeführt: Die Diskrepanz zwischen der Lehre und der „Lebenswelt der Gläubigen”, die „Vorrangstellung biologischer Fruchtbarkeit”, die „ausnahmslose Verurteilung sogenannter künstlicher Methoden der Empfängnisverhütung, sowie Masturbation, der Sexualität zwischen gleichgeschlechtlichen und unverheirateten Personen”.

Die bipolare Geschlechterdifferenz von Mann und Frau wird massiv bekämpft

 Besonders massiv wird auch hier die bipolare Geschlechterdifferenz von Mann und Frau bekämpft. Dies geschieht über den Vorwurf der Diskriminierung von Menschen wegen „ihrer sexuellen Orientierung und geschlechtlichen Identität, die quer zu den gängigen Normalvorstellungen stehen”. Über die These, dass die geschlechtliche Identität jedes Menschen als Teil seiner „je einzigartigen Gottebenbildlichkeit “ zu respektieren sei, wird der Begriff „transgeschlechtliche Personen” eingeführt. Diese, heißt es, „verfügen zwar in der Regel über eine Eindeutigkeit äußerer wie innerer Sexualorgane. Ihre biopsychische Entwicklung hat zu einem tiefgreifenden Geschlechtsempfinden geführt, das nicht dem bei der Geburt zugeordneten Geschlecht entspricht. In der Biographie von Trans-Personen kann es deswegen zu einer Anpassung körperlicher Geschlechtsmerkmale kommen.” Gemeint ist wohl, dass mittels operativer Eingriffe das natürliche Geschlecht in das gewünschte umgewandelt wird. In Frankfurt soll die binäre Geschlechterdifferenz und damit die Schöpfungsordnung außer Kraft gesetzt werden.

An die Stelle der Grundgegebenheit einer Natur des Menschen tritt ein ideologisches Konstrukt: Die „sexuelle Orientierung eines Menschen gilt es als Ergebnis eines höchstpersönlichen Wachstumsprozesses zu respektieren”. Hier erweist sich die 1979 von Hans Urs von Balthasar in der Argumentation gegen das Frauenpriestertum vorgetragene Begründung als prophetisch: „Vielleicht ist die katholische Kirche aufgrund ihrer eigenen Struktur das letzte Bollwerk in der Menschheit einer echten Würdigung der Differenz der Geschlechter. Wie im Dogma der Trinität die Personen gleicher Würde sein müssen, um die Differenz zu sichern, die den dreieinigen Gott zur subsistierenden Liebe macht, so wird die Gleichheit der Würde von Mann und Frau von der Kirche betont, damit durch höchstmögliche Opposition ihrer Funktionen die geistige und leibliche Fruchtbarkeit gewährleistet sei.” Dieses Bollwerk soll nun ausgerechnet unter Führung des ehemaligen Balthasar-Schülers und Schützlings Bischof Bätzing eingerissen werden.

Hier muss auch auf die vollkommene Trinitätsvergessenheit des gesamten Papiers hingewiesen werden. Dass Liebende sich „grundsätzlich öffnen sollten auf andere hin” wird christlich mit der innertrinitarischen selbstlosen Hingabe begründet.

Flucht vor der Wahrheit 

Illegitime kirchliche Machtausübung gegenüber kirchlichen Mitarbeitern geschehe etwa, wenn „die Einhaltung der Sexuallehre als Lackmustest für ihre Loyalität zum kirchlichen Dienstgeber gewichtet und (…) mit schweren Sanktionen bis hin zur Kündigung des Dienstverhältnisses geahndet wird.” Hier geht es um die Aufhebung des kirchlichen Arbeitsrechts und seiner besonderen Anforderungen hinsichtlich der Lebensführung. In der Bischofskonferenz hat sich bereits eine Mehrheit abgezeichnet, die die Lebensführung aller kirchlichen Mitarbeiter weitestgehend zur reinen Privatsache erklären will.

Da wundert es nicht, wenn das Papier nur vom „sogenannten ’Sündenfall’” in Anführungszeichen spricht. Seine Deutung lässt aufhorchen: „Die biblischen Autoren beschreiben die Unvollkommenheit in unseren Beziehungen zueinander und zur Welt als Folge des Essens vom Baum der Erkenntnis. Ihre Botschaft lautet: Jede Beziehung in unserer nachparadiesischen Welt ist der Gefahr des Misslingens ausgesetzt.” Diese Deutung kann ihrerseits nur als Flucht vor der Wahrheit gedeutet werden, der uns die Offenbarung gerade überführen will: In voller Freiheit hat der Mensch die Schuld des Ungehorsams gegenüber Gott begangen und setzt sie weiterhin fort. Im Schuldbekenntnis bezeugt der Christ sein Versagen gegenüber dem göttlichen Anspruch und bereut dies in der Einsicht, von sich aus diese Schuld nicht aufheben zu können. Schuld gegenüber Gott ist etwas völlig anderes als die „Gefahr des Misslingens” und „Unvollkommenheiten in unseren Beziehungen.”

Im Widerspruch zur Lehre der Kirche

An einer anderen Stelle des Papiers werden Schuld und Sünde zutreffender dargestellt. Hinsichtlich Homosexualität schreitet das Papier in der Bewertung von „kirchlich bis heute umstritten” schnell zur völligen Akzeptanz voran: „Gleichgeschlechtliche - auch in sexuellen Akten verwirklichte - Sexualität ist damit (!) keine Sünde, die von Gott trennt, und ist nicht als in sich schlecht zu beurteilen.” Demgegenüber lehrt die Kirche „gestützt auf die Heilige Schrift, die sie als schlimme Abirrung bezeichnet”, dass „homosexuelle Handlungen (…) in keinem Fall zu billigen” sind (Katechismus der Kath. Kirche, 2357). Ebenso heißt es, „Segenshandlungen für gleichgeschlechtliche Paare sind in der Kirche umstritten.” Sodann wird gesagt, dass sie „zeichenhafte Wertschätzung” genießen sollten und zwar „nicht als abgeleiteter (Teil-) Modus einer Ehe, sondern aus sich selber.” Deshalb „müssten für andere Lebensformen als die Ehe eigenständige Rituale und Segenshandlungen gefunden werden.”

Insgesamt sehen die Verfasser viel zu wenig, dass Eros und Sexualität von sich aus für die Bejahung des Anderen keinen Sinn haben. Eine Person als Selbstzweck anzuerkennen geht über Begehren und Triebabfuhr hinaus. Für die Vorbehalte des Christentums gegenüber Eros und Sexualität gibt es also durchaus gute Gründe. Der freiheits- und bewusstseinseinschränkende Aspekt von Eros und Sexualität wird hier verharmlost und stattdessen zur „Transzendenzerfahrung” umgedeutet.

„Der Synodale Weg ist eine Schule des Misstrauens“

Ehe ist eben keine vorwiegend sexuelle Institution, sondern eine objektive neue Einheit, in der jeder den anderen gerade in seinem Anders- und Eigensein bejaht. In diesem Überstieg von Ich und Du erscheint das Wir. Nicht bedacht oder bekannt wird die grundlegende Glaubenswahrheit, dass ein unbedingtes Ja zu einem anderen Menschen allein als ein Mitbejahen mit dem Ja des Schöpfers möglich ist. Dabei ist Gott in der innertrinitarischen Einheit in Differenz die Fülle und das Maß der Liebe. Unverantwortlich ist die dem modernen Bewusstsein verhaftete Moralkonzeption in völliger Emanzipation von jedem Bezug auf das Natürliche. Personsein als Mann oder Frau ist und bleibt die Weise wie ich von Gott gerufen bin und im Gehorsam antworten soll.

Der Synodale Weg ist eine Schule des Misstrauens. Er kennt nur momentane Bedürfnisse, keine bindenden Versprechen, weder für Priester noch für Ehepaare. Personales erkennen (Glauben) wird als jederzeit revidierbarer Deutungsvorschlag fehlinterpretiert. Dafür tragen liberale Universitätstheologen die Verantwortung, von denen die Textvorlagen in erster Linie stammen.

Eine Kirche, die ihrem Wesen und Auftrag entsprechen will, kann hier nicht zustimmen. Angesichts des unverantwortlich gesteigerten Erwartungsdrucks in Frankfurt gilt es mit dem Psalmisten zu sagen: „Dich preise ich in zahlreicher Versammlung; im Angesicht derer die ihn fürchten, will ich meine Gelübde erfüllen” (Ps 22).

   


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